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Bürgerhaushalt & Bürgerbudget

Für welche Maßnahmen soll der Staat Geld ausgeben?

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Begriffseinordnung

In vielen Gemeinden in Europa können Bürgerinnen und Bürger über diese wichtige politische Frage mitentscheiden. Realisiert wird dies durch einen sogenannten »Bürgerhaushalt«. Bei diesem werden die Menschen einer Gemeinde in die Aufstellung des Haushalts aktiv einbezogen und entscheiden mit, wofür der Staat, das Land oder die Kommunen öffentliche Gelder ausgeben sollen. Die endgültige Entscheidung über den Haushalt liegt jedoch bei Politik und Verwaltung.

Nicht so beim »Bürgerbudget«. Hier erhalten die Bürgerinnen und Bürger in der Regel einen eigenen Finanztopf, über den sie selbst entscheiden können. Dazu können Sie Ideen zu konkreten Projekten einreichen und gemeinsam abstimmen, welche der Projekte umgesetzt werden sollen - ob mehr Bänke im Park gebraucht werden, eine dunkle Straße besser beleuchtet werden sollte, ein Spielplatz saniert oder ein Radweg gebaut werden soll.

 

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    Bürgerhaushalt

    Beim Bürgerhaushalt unterbreiten Bürgerinnen und Bürger der Politik und Verwaltung Vorschläge, wofür diese das Geld in einer Gemeinde einsetzen sollen, aber auch, wo es eventuelle Einsparpotentiale und neue Einnahmequellen gibt.

    Um was geht es?

    Bei den Bürgerhaushalten geht es immer um die kommunalen Haushalte. Ein kommunaler Haushalt enthält sämtliche Einnahmen und Ausgaben, die eine Gemeinde im Laufe von einem bzw. zwei Jahren (Doppelhaushalt) generiert bzw. tätigt. Der Großteil der Ausgaben in einer Stadt oder Gemeinde ist bereits von vornherein festgelegt. Dabei handelt es sich unter anderem um Sozialausgaben, Wohngeld, Lohn- und Gehaltskosten für kommunale Mitarbeitende, Gebäudekosten u.v.m. Danemeb gibt es die sogenannten »freiwilligen Ausgaben«, zu denen etwa Ausgaben für Jugendarbeit, Sport- und Kulturveranstaltungen oder die Gestaltung von Grünanlagen gehören. Über diese Gelder wird in der Regel im Bürgerhaushalt abgestimmt.

    Ablauf

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    Information

    Nachdem der Rat einer Gemeinde oder Stadt entscheiden hat, dass es einen Bürgerhaushalt geben soll, werden die relevanten Haushaltsdaten verständlich aufbereitet und den Bürgerinnen und Bürgern erklärt, wie ein Bürgerhaushalt funktioniert. Dies kann unter anderem in Form von öffentlichen Veranstaltungen, durch Broschüren, Plakate und Flyer, aber auch durch Beiträge im Amtsblatt oder auf der Internetseite der Gemeinde erfolgen.

    Konsultation & Entscheidung

    Anschließend können die Bürgerinnen und Bürger, meist über mehrere Wochen, Vorschläge einbringen und bewerten, für was die Gemeinde Geld ausgeben bzw. wo sie Geld einsparen oder auch einnehmen könnte. Mitarbeitende der Gemeindeverwaltung prüfen die gemachten Vorschläge, denn die Inhalte müssen zum Aufgabenbereich einer Gemeinde gehören und außerdem rechtlich umsetzbar sind. Die geprüften Vorschläge mit den besten Bewertungen werden an die Politiker/innen einer Gemeinde weitergereicht, die im Gemeinde- oder Stadtrat über die Umsetzung entscheiden. Die Entscheidung über den Bürgerhaushalt liegt bei den Politikern, da der Bürgerhaushalt kein Instrument der direkten Demokratie ist.

    Rechenschaft

    Nach den Beratungen über den Haushalt machen die Politiker/innen die Beschlusslage zum Haushalt transparent. Gleichzeitig müssen sie Rechenschaft über die getätigten Entscheidungen ablegen, d. h. in der Regel mithilfe eines Berichts erklären, warum bestimmte Entscheidungen getroffen wurden.

    Die Kosten für die ausgewählten Vorschläge werden anschließend im Haushaltsplan berücksichtigt und die dahinterstehenden Maßnahmen innerhalb des entsprechenden Haushaltsjahres von der Verwaltung umgesetzt.

     

    Bürgerbudget

    Um was geht es?

    Ein Bürgerbudget ist ein Finanztopf in einer bestimmten Höhe, über dessen Verwendung nicht der Gemeinde- oder Stadtrat, sondern die Einwohnerinnen und Einwohner abstimmen dürfen.

    Ablauf

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    Das Verfahren für ein Bürgerbudget plant die Gemeinde: Sie legt den finanziellen Rahmen fest und ruft die Bürgerinnen und Bürger dazu auf, ihre Ideen einzureichen. Dies kann schriftlich, in Versammlungen oder auch online erfolgen. Anschließend prüft die Verwaltung die Vorschläge, denn oft sind nicht alle Ideen umsetzbar, da zum Beispiel die Zuständigkeit für die eingereichten Ideen nicht bei der Gemeinde liegt oder die Vorhaben schlichtweg zu teuer sind. Die machbaren Vorschläge werden aufbereitet und durch die Bevölkerung bewertet, sodass eine Rangliste der Projekte entsteht. In der Regel werden dann so viele Vorschläge umgesetzt, bis das Budget ausgeschöpft ist.

    Weitere Informationen

    Häufige Fragen und Antworten zum Bürgerbudget

    Bei der Abstimmung müssen alle Einwohnerinnen und Einwohner des betreffen Gebietes (Kommune oder Stadtteil) ab einem bestimmten Alter zugelassen werden. Die Altersgrenze sollte bei mindestens 16 Jahren liegen, sodass auch Jugendliche über die Gestaltung ihrer Wohnumgebung mitbestimmen können.
    Bei der Abstimmung muss darauf geachtet werden, dass keine Personen von außerhalb der Gemeinde mit abstimmen, um die lokale Entscheidungsfindung sicherzustellen.

    Es ist auch möglich, einen Bürgerbeirat als Entscheidungsgremium zu bilden. In diesem Fall sollte dieser mittels Zufallsauswahl entstehen, um die Bevölkerung möglichst repräsentativ wider zu spiegeln. Offizielle Akteurinnen und Akteure der Stadtverwaltung oder Politik sollten jedoch nicht vertreten sein.

    1. Konzeptionelle Festlegungen treffen
    2. Festlegung Höhe des Budgets
    3. Planung begleitender Öffentlichkeitsarbeit und Gestaltung Website
    4. Formular bzw. Onlineportal für Ideenvorschläge und für Abstimmung festlegen
    5. Zusammenarbeit mit einem/mehreren Dienstleistern
    6. Ablauf der verwaltungsinternen Stellungnahme planen
    7. Verantwortlichkeiten für Umsetzung der Ideen festlegen

    Die folgenden Schritte sollten bei der Umsetzung eines Bürgerbudgets eingehalten werden:

    1. Start: Ideenaufruf für das Bürgerbudget
    2. Einreichen von Projektideen
    3. Prüfung der Anträge durch die Kommune
    4. Veröffentlichung der eingereichten Ideen
    5. Abstimmungsfrist für Online-Abstimmung bzw. Abstimmungstermin in Präsenz
    6. Abschluss: Veröffentlichung des Abstimmungsergebnisses: favorisierte Ideen stehen fest

    Anschließend erfolgt die Umsetzung der ausgewählten Projekte.

    Jede Kommune ist jedoch frei darin, das Verfahren nach ihren Vorstellungen zu gestalten, hierfür gibt es keine festen Regeln oder Vorgaben.

    Für das Beteiligungsverfahren für ein Bürgerbudget sollte ein Zeitraum von vier bis sieben Monaten realistisch sein. Damit steht ausreichend Zeit für die einzelnen Schritte zur Verfügung.

    Nach Abschluss der konzeptionellen Überlegungen stehen die konkreten lokalen Rahmenbedingungen für das Verfahren zu einem Bürgerbudget fest. Diese können in Form von Richtlinien durch den Gemeinderat verabschiedet werden.

    Die Kommune hat die Rahmenbedingungen für das Verfahren gemeinsam mit einem Aufruf an alle Einwohnerinnen und Einwohner, Projektideen einzureichen, als Startpunkt für das Verfahren, zu veröffentlichen. Die Möglichkeiten der begleitenden Öffentlichkeitsarbeit sind hier vielfältig und sollten möglichst breit genutzt werden.

    Die Kommune sollte alle Einwohnerinnen und Einwohner auffordern, Ideen einzureichen. Das Mindestalter kann beispielsweise auf 16 Jahre festgelegt werden, um auch Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, sich mit ihren Vorstellungen einzubringen.Die Gemeinde kann auch ein eigenes Kinder- und/oder Jugendbudget einrichten, dafür müssen dann selbstverständlich andere Altersgrenzen festgelegt werden (s. auch JUBU Jugendbeteiligung bei Bürgerbudgets (jugend-budget.de)).

    Die Einreichenden sollten damit einverstanden sein, dass ihre Projektidee sowie die Entscheidung darüber und ggfls. ihr Name veröffentlicht wird.

    Die Kommunen müssen festlegen, ob auch lokale Vereine Ideen für Projekte in ihrer Verantwortung (z. B. Fußballtore für den Sportverein) einreichen können. Jedoch sollte die Projektidee in diesem Fall auf gemeinnützige Zwecke begrenzt sein. Die Umsetzung ist dann durch den Verein selbst zu übernehmen. Wenn Vereine eigene Projekt einreichen, kann die Kommune einen notwendigen Eigenanteil festlegen.

    Die Kommunen müssen überlegen, auf welchen Wegen eine Einreichung einer Idee möglich sein soll, hierfür kann man das sächsische Beteiligungsportal nutzen.

    Formlose Verfahren (E-Mail, Brief) sind besonders niedrigschwellig, erhöhen jedoch den Aufwand für die Kommune.

    (Online-)Formulare ermöglichen eine gute Vergleichbarkeit. Sie sollten leicht verständlich sein und mindestens folgende Angaben enthalten:

    • Name
    • Kontakt des Einreichenden
    • Kurzbeschreibung der Idee

    Sollten die voraussichtlichen Kosten der Idee durch die Einreichenden nicht abgeschätzt werden können, so sollten diese (wenn möglich) durch die Kommune ergänzt werden (z.B. Kosten für eine Bank an der Haltestelle).

    Die Veröffentlichung der Ideen kann über mehrere Wege erfolgen. Am praktikabelsten ist eine Veröffentlichung auf der Webseite der Gemeinde oder auf dem Beteiligungsprotal des Freistaates Sachsen. Hier ist auf die Niedrigschwelligkeit und Barrierefreiheit zu achten, sodass auch begleitende Aushänge im Rathaus denkbar sind.

    Für ein transparentes und diskriminierungsfreies Verfahren ist es wichtig, dass die Kommune bei der Abstimmung die Berechtigung der Teilnehmenden prüft. Die Prüfung sollte auf Basis des Einwohnermelderegisters erfolgen.

    Bei einer Online-Abstimmung stellt eine vorherige Registrierung die Berechtigung zur Abstimmung sicher. Hierbei müssen städtische Angestellte im Hintergrund den Wohnort der Teilnehmenden überprüfen. Bei einer analogen Abstimmung kann die Berechtigung sichergestellt werden, indem die Teilnehmenden ihren Personalausweis vorzeigen.

    Ein analoges Abstimmungsverfahren kann die Kommune im Rahmen einer Veranstaltung live durchführen (z.B. ganztägiges Familienfest). Hierbei sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt: In Eberswalde z. B. erhalten die Einwohnerinnen und Einwohner „Stimm-Taler“ die sie in Vasen, die für jede Idee bereitstehen, einwerfen. Es können auch mehrere Stimmen je Einwohnerin oder Einwohner vergeben werden. Eine Abstimmung kann aber auch digital erfolgen, hier muss ein Mittelweg zwischen einem formal korrekten und sicheren Weg und der Praktikabilität gefunden werden. Dies ist auch parallel zu einer analogen Abstimmung denkbar.

    Zum Abschluss des Verfahrens muss die Kommune das Abstimmungsergebnis und damit die Projekte, die über das Bürgerbudget umgesetzt werden sollen, veröffentlichen und mit der Realisierung der Projekte starten.

    Die Kommune muss die eingereichten Ideen überprüfen: auf (zeitnahe) Umsetzbarkeit, realistische Kosteneinschätzung, Einhaltung der gesetzten Kriterien. Diese kurzen Einschätzungen kann sie im Vorfeld der Abstimmung veröffentlichen. Bei Ideen, die die Kommune wegen nicht erfüllter Kriterien nicht zum Abstimmungsverfahren zulässt, sollte die Begründung der Stadtverwaltung immer veröffentlicht werden.

    Für die Einreichung der Ideen für das Bürgerbudget müssen die Kommunen bestimmte (Ausschluss-) Kriterien festlegen. Diese können z. B. folgende sein:

    • Die Ideen müssen durch die Kommune bzw. lokale Vereine umsetzbar sein und im Zuständigkeitsbereich der Kommune liegen.
    • Die maximale Höhe der Projektkosten muss begrenzt werden.
    • Die Kommune kann festlegen, dass Projekte innerhalb der nächsten ein oder zwei Jahre umgesetzt werden müssen, um die direkte Sichtbarkeit sicher zu stellen.
    • Neben zeitlichen können auch thematische Kriterien bestimmt werden, wie etwa das Gemeinwohl, Klimaschutz oder Kulturförderung. Ebenso sollte die Kommune festlegen, inwieweit Veranstaltungen (z. B. Kulturevents) als Projektideen möglich sind.
    • Denkbar ist, bei jeder Projektidee eine bestimmte Anzahl von Unterstützerinnen und Unterstützern zu fordern. Dies führt in der Regel zu einer besseren Qualität der Projektideen und zu einer breiteren Bekanntheit in der Öffentlichkeit. Allerdings können dabei unerwünschte Effekte durch einseitige Unterstützungskampagnen entstehen.

    Die Kommune muss zu Beginn des Verfahrens Angaben zum monetären Rahmen machen: Welche Summe darf eine Idee maximal kosten? Soll es hier eine Begrenzung auf eine absolute Summe (z.B. 10.000 Euro) geben oder wird mit prozentualen Angaben gearbeitet (z. B. 15% des Bürgerbudgets)? Dies ist abhängig von der Größe der Kommune bzw. von der Höhe des zur Verfügung stehenden Budgets.Jedoch mussdie Gemeinde berücksichtigen, dass die Obergrenze noch sinnvolle Projekte zulässt.

    Die Kommune muss prüfen, ob das Bürgerbudget für die gesamte Stadt oder nur für einzelne Stadtteile stattfinden soll.

    Falls das Bürgerbudget nur für einzelne Stadtteile gilt, muss sie entscheiden, ob Budgets für alle Quartiere oder in einem ersten Schritt modellhaft nur für einzelne Stadtteile aufgestellt werden. In diesem Fall wären nur die Einwohnerinnen und Einwohner eines einzelnen Stadtteils stimmberechtigt für das Budget ihres Stadtteils.

    Bei einem digitalen Verfahren können Kommunen für die Abstimmung das Beteiligungsportal des Freistaates Sachsen nutzen.

    Die Kommune kann ein Dienstleistungsunternehmen mit der Umsetzung der einzelnen Bausteine des Verfahrens beauftragen. Klassischerweise kann das unter anderem Folgendes sein:

    • Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit (z. B. Layout und Gestaltung)
    • Durchführung des Verfahrens
    • Durchführung der Abstimmungsveranstaltung

    Die Bewertung der Projektideen und die Prüfung der Umsetzbarkeit sollte jedoch durch die Kommune selbst geschehen.

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