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Verfahren zu Bürgerbudgets

Bürgerinnen und Bürger entscheiden über Bürgerideen

Gibt es in der Kommune den Wunsch ein Bürgerbudget zu nutzen, kann sie ein Beteiligungsverfahren zur Einreichung von Ideen sowie eine Abstimmung der Bürgerinnen und Bürger über die Nutzung des Budgets durchführen. Über die Förderrichtlinie Bürgerbeteiligung können diese Beteiligungsverfahren für Bürgerbudgets gefördert werden. 

Bei der Beantragung der Förderung eines Bürgerbudget-Verfahrens müssen Antragstellende bestimmte Festlegungen treffen und Planungs- und Durchführungsschritte einhalten, um eine solide Basis für den Antrag und das Vorhaben selbst zu schaffen.

Die folgenden Ausführungen und Fragen dienen dafür als Orientierung und methodische Hilfestellung. Bei weiteren Fragen erreichen Sie das Fachreferat unter der E-Mail-Adresse: frl-beteiligen@smj.justiz.sachsen.de.

Definition

Ein Bürgerbudget ist ein Finanztopf in einer bestimmten Höhe, über dessen Verwendung nicht der Gemeinde- oder Stadtrat, sondern alle Einwohnerinnen und Einwohner abstimmen dürfen. Sie reichen kleine, konkrete Projekte (z.B. das Pflanzen von Bäumen an einer bestimmten Straße) ein, die Abstimmung darüber erfolgt durch die Einwohnerinnen und Einwohner und diese Projekte werden anschließend mit Hilfe des Budgets umgesetzt. So können Einwohnerinnen und Einwohner eigene Ideen auf einem einfachen und basisdemokratischen Weg verwirklichen.

Die Höhe des Budgets, die genauen Kriterien für Projektideen sowie die konkrete Gestaltung des Verfahrens legt die Gemeinde fest.

Mehr Informationen erhalten Sie z.B. auf den Seiten der Bundeszentrale für politische Bildung oder bei der Akademie für Lokale Demokratie e.V., Beispiele aus anderen Städten sind unten auf dieser Seite aufgelistet.

Im Vorfeld finden die Konzeption und Planung des Verfahrens durch die Kommune statt.

Für einen schnellen Überblick werden folgende Umsetzungsschritte kurz vorgestellt:

  1. Start: Ideenaufruf für das Bürgerbudget
  2. Einreichen von Projektideen
  3. Prüfung der Anträge durch die Kommune
  4. Veröffentlichung der eingereichten Ideen
  5. Abstimmungsfrist für Online-Abstimmung bzw. Abstimmungstermin in Präsenz
  6. Abschluss: Veröffentlichung des Abstimmungsergebnisses: favorisierte Ideen stehen fest

Anschließend folgt die Umsetzung der ausgewählten Projekte.

Jede Kommune ist jedoch frei darin, das Verfahren nach ihren Vorstellungen anders zu gestalten, hier gibt es keine festen Regeln oder Vorgaben.

Für das Beteiligungsverfahren für ein Bürgerbudget sollte ein Zeitraum von vier bis sieben Monaten realistisch sein, wenn alle Vorbereitungen vorher abgeschlossen sind. Damit steht ausreichend Zeit für die einzelnen Schritte zur Verfügung, hingegen werden die Ergebnisse für die Menschen in einem überschaubaren Zeitraum sichtbar.

Die einzelnen Umsetzungsschritte werden im Folgenden konkreter beschrieben.

Vorbereitung und Konzeption

Einen Antrag auf Förderung können alle Gebietskörperschaften stellen, d. h. Kommunen (Städte und Gemeinden) aber auch Landkreise. Im folgenden Text werden aus redaktionellen Gründen die Begriffe Kommune und Gemeinde synonym verwendet, grundsätzlich sind darin die Städte aber auch Landkreise mitgemeint.

Die Kommune sollte alle Einwohnerinnen und Einwohner dieser Kommune oder eines Stadtteils auffordern, Ideen einzureichen. Das Mindestalter kann beispielsweise auf 16 Jahre festgelegt werden, um auch Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, sich mit ihren Vorstellungen einzubringen.

Die Gemeinde kann auch ein eigenes Kinder- und/oder Jugendbudget einzurichten, dafür müssen dann selbstverständlich andere Altersgrenzen festgelegt werden (s. auch JUBU Jugendbeteiligung bei Bürgerbudgets (jugend-budget.de)).

Die Einreichenden sollten damit einverstanden sein, dass ihre Projektidee sowie die Entscheidung darüber und ggfls. ihr Name veröffentlicht wird.

Die Kommunen müssen festlegen, ob auch lokale Vereine Ideen für Projekte in ihrer Verantwortung (z. B. Fußballtore für den Sportverein) einreichen können. Jedoch sollte die Projektidee in diesem Fall auf gemeinnützige Zwecke begrenzt sein. Die Umsetzung ist dann durch den Verein selbst zu übernehmen. Wenn Vereine eigene Projekt einreichen, kann die Kommune einen notwendigen Eigenanteil festlegen.

Für die Einreichung der Ideen für das Bürgerbudget müssen die Kommunen bestimmte (Ausschluss-) Kriterien festlegen. Diese können z. B. folgende sein:

  • Die Ideen müssen durch die Kommune bzw. lokale Vereine umsetzbar sein. Verbesserungen an Bundesstraßen z. B. kann die Kommune nicht erreichen.
  • Die maximale Höhe der Projektkosten muss begrenzt werden.
  • Die Kommune kann festlegen, dass Projekte innerhalb der nächsten ein oder zwei Jahre umgesetzt werden müssen, um die direkte Sichtbarkeit sicher zu stellen.
  • Neben zeitlichen können auch thematische Kriterien bestimmt werden wie Gemeinwohl, Klimaschutz oder Kulturförderung. Ebenso sollte die Kommune festlegen, inwieweit Veranstaltungen (z. B. Kulturevents) als Projektideen möglich sind.
  • Denkbar ist, bei jeder Projektidee eine bestimmte Anzahl von Unterstützerinnen und Unterstützern zu fordern. Dies führt in der Regel zu einer besseren Qualität der Projektideen und zu einer breiteren Bekanntheit in der Öffentlichkeit. Allerdings können dabei unerwünschte Effekte durch einseitige Unterstützungskampagnen entstehen und es stellt für die Einreichenden eine zusätzliche Hürde dar.

Die Kommune muss prüfen, ob das Bürgerbudget für die gesamte Stadt oder nur für einzelne Stadtteile stattfinden soll.

Falls es nur für einzelne Stadtteile gilt, muss sie entscheiden, ob Budgets für alle Quartiere oder in einem ersten Schritt modellhaft nur für einzelne Stadtteile aufgestellt werden. Dementsprechend wären nur die Einwohnerinnen und Einwohner eines einzelnen Stadtteils stimmberechtigt für das Budget ihres Stadtteils.

Die Kommune muss Angaben zum monetären Rahmen machen: Welche Summe darf eine Idee maximal kosten? Soll es hier eine Begrenzung auf eine absolute Summe (z.B. 10.000 Euro) geben oder wird mit prozentualen Angaben gearbeitet (z. B. 15% des Bürgerbudgets)? Dies ist abhängig von der Größe der Komme bzw. Höhe des Budgets. Aber die Gemeinde muss berücksichtigen, dass die Obergrenze noch sinnvolle Projekte zulässt.

Bei der Abstimmung müssen alle Einwohnerinnen und Einwohner des betreffen Gebietes (Kommune oder Stadtteil) ab einem bestimmten Alter zugelassen werden. Die Altersgrenze sollte bei mindestens 16 Jahren liegen, so dass auch Jugendliche über die Gestaltung ihrer Wohnumgebung mitbestimmen können.

Bei der Abstimmung muss darauf geachtet werden, dass keine Personen von außerhalb der Gemeinde mitstimmen, um die lokale Entscheidungsfindung sicherzustellen.

Es ist auch möglich, einen Bürgerbeirat als Entscheidungsgremium zu bilden. In diesem Fall sollte er mittels Zufallsauswahl entstehen, um möglichst repräsentativ die Bevölkerung wider zu spiegeln. Offizielle Akteurinnen und Akteure der Stadtverwaltung oder Politik sollten nicht vertreten sein.

Durchführung

Nach Abschluss der konzeptionellen Überlegungen stehen die konkreten lokalen Rahmenbedingungen für das Verfahren für ein Bürgerbudget fest. Diese können in Form von Richtlinien durch den Gemeinderat verabschiedet werden, dies ist jedoch keine Voraussetzung für die Förderung.

Die Kommune muss die Rahmenbedingungen für das Verfahren gemeinsam mit einem Aufruf an alle Einwohnerinnen und Einwohner, Projektideen einzureichen, als Startpunkt für das Verfahren, veröffentlichen. Die Möglichkeiten der begleitenden Öffentlichkeitsarbeit sind hier vielfältig und sollten möglichst breit genutzt werden.

Die Kommunen müssen überlegen, auf welchen Wegen eine Einreichung einer Idee möglich sein soll, hierfür kann man das sächsische Beteiligungsportal nutzen.

Formlose Verfahren (E-Mail, Brief) sind besonders niedrigschwellig, erhöhen jedoch den Aufwand für die Kommune.

(Online-)Formulare ermöglichen eine gute Vergleichbarkeit. Sie sollten leicht verständlich sein und mindestens folgende Angaben enthalten:

  • Name
  • Kontakt des Einreichenden
  • Kurzbeschreibung der Idee

Die voraussichtlichen Kosten der Idee müssen, wenn dies durch die Einwohnerinnen und Einwohner nicht abgeschätzt werden kann, durch die Kommune angesetzt werden (z.B. Kosten für eine Bank an der Haltestelle).

Die Kommune muss die eingereichten Ideen überprüfen: auf (zeitnahe) Umsetzbarkeit, realistische Kosteneinschätzung, Einhaltung der gesetzten Kriterien. Diese kurzen Einschätzungen kann sie im Vorfeld der Abstimmung veröffentlichen. Bei Ideen, die die Kommune wegen nicht erfüllter Kriterien nicht zum Abstimmungsverfahren zulässt, sollte die Begründung der Stadtverwaltung immer veröffentlicht werden.

Die Veröffentlichung der Ideen kann über möglichst viele Wege erfolgen, am praktikabelsten ist eine Veröffentlichung auf der Webseite der Gemeinde oder auf dem Beteiligungsprotal des Freistaates Sachsen. Hier ist auf die Niedrigschwelligkeit und Barrierefreiheit zu achten, so dass auch begleitende Aushänge im Rathaus denkbar sind.

Für ein transparentes und diskriminierungsfreies Verfahren ist es wichtig, dass die Kommune bei der Abstimmung die Berechtigung der Teilnehmenden prüft. Die Prüfung sollte auf Basis des Einwohnermelderegisters erfolgen, selbst wenn dies aufwändig ist.

Bei einer Online-Abstimmung stellt eine vorherige Registrierung die Berechtigung zur Abstimmung sicher. Hierbei müssen städtische Angestellte im Hintergrund den Wohnort der Teilnehmenden überprüfen. Bei einer analogen Abstimmung kann die Berechtigung sichergestellt werden, indem die Teilnehmenden ihren Personalausweis vorzeigen.

Ein analoges Abstimmungsverfahren kann die Kommune im Rahmen einer Veranstaltung live durchführen (z.B. ganztägiges Familienfest). Hierbei sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt: In Eberswalde z.B. erhalten die Einwohnerinnen und Einwohner „Stimm-Taler“ die sie in Vasen, die für jede Idee bereitstehen, einwerfen. Es können auch mehrere Stimmen je Einwohnerin oder Einwohner vergeben werden. Eine Abstimmung kann aber auch digital erfolgen, hier muss ein Mittelweg zwischen einem formal korrekten und sicheren Weg und der Praktikabilität gefunden werden. Dies ist auch parallel zu einer analogen Abstimmung denkbar.

Zum Abschluss des Verfahrens muss die Kommune das Abstimmungsergebnis und damit die Projekte, die über das Bürgerbudget umgesetzt werden können, veröffentlichen und mit der Realisierung der Projekte starten.

Die Kommune kann Dienstleistungsunternehmen beauftragen, die einzelne Bausteine des Verfahrens umsetzen. Klassischerweise kann das unter anderem Folgendes sein:

  • Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit (z. B. Layout und Gestaltung)
  • Durchführung des Verfahrens
  • Durchführung der Abstimmungsveranstaltung

Die Bewertung der Projektideen und die Prüfung der Umsetzbarkeit sollte auf jeden Fall durch die Kommune geschehen.

Bei einem digitalen Verfahren sollten Kommunen für die Abstimmung das Beteiligungsportal des Freistaates Sachsen nutzen.

Für den Aufruf zur Einreichung der Ideen oder die Präsentation der Einreichungen auf der Website der Kommune kann diese ein Software-Unternehmen mit der technischen Umsetzung betrauen. Es gibt auch Anbieter mit bestehenden digitalen Tools hierfür. 

Zu beachten ist, dass Software im Rahmen der FRL Bürgerbeteiligung nicht gefördert wird, wenn der Funktionsumfang auch durch das sächsische Beteiligungsportal abgedeckt werden kann.

Zusammenfassung

  1. Konzeptionelle Festlegungen treffen
  2. Festlegung Höhe des Budgets
  3. Planung begleitender Öffentlichkeitsarbeit und Gestaltung Website
  4. Formular bzw. Onlineportal für Ideenvorschläge und für Abstimmung festlegen
  5. Zusammenarbeit mit einem/mehreren Dienstleistern
  6. Ablauf der verwaltungsinternen Stellungnahme planen
  7. Verantwortlichkeiten für Umsetzung der Ideen festlegen

Ausgaben und Finanzierung

Bitte beachten Sie, dass der Steuerung-/Umsetzungsaufwand im Verhältnis zum letztlich zur Verfügung stehenden Bürgerbudget bzw. Ihrer Gemeindegröße selbst steht. Ein sehr aufwändiges Beteiligungsverfahren (für z.B. ein kleines Bürgerbudget von 10.000 Euro in einer Kommune von z.B. 5.000 Einwohnerinnen und Einwohnern) entspricht nicht mehr dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Dieser ist ausschlaggebend für die Bewertung der Zuwendungsfähigkeit der Ausgaben.

Die Kommunen können über die Förderrichtlinie Bürgerbeteiligung eine Förderung für die Personalkosten beantragen, die für das beantragte Projekt entstehen. Das gilt sowohl für neues Personal als auch für Mitarbeitende, die mit einem bestimmten Stundenanteil im Projekt eingesetzt werden. Ein Ziel der Förderung ist es, in den Kommunen nachhaltig Kompetenzen im Bereich Bürgerbeteiligung aufzubauen. Deshalb ist es sinnvoll, auch kommunales Personal mit festen Stellenanteilen einzusetzen und das Vorhaben nicht nur durch einen externen Dienstleister planen und umsetzen zu lassen.

Die Beauftragung eines Dienstleisters (z.B. eines freien Büros für Konzeption, Moderation oder Gestaltung) ist selbstverständlich möglich und sinnvoll.

Ausgaben für ein Dienstleistungsunternehmen müssen im Antrag so aufgeschlüsselt werden, dass das Stundenvolumen für einzelne Projektbausteine ebenso deutlich wird, wie der angesetzte Stunden- bzw. Tagessatz. Nur so kann der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit geprüft werden, der für die Zuwendungsfähigkeit ausschlaggeben ist. Hierbei gilt auch der obige Hinweis auf die Verhältnismäßigkeit.

Klassische Sachkosten sind z. B.

  • Ausgaben für Anschaffungen wie Technik
  • Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit
  • Ausgaben für einen Webauftritt
  • Veranstaltungsausgaben wie Raummiete, Catering, Technik u. a.

Die Antragstellenden dürfen keine pauschalen Ausgaben ansetzen, sondern diese müssen konkret aufgeschlüsselt werden.

Während die Mittel für das Bürgerbudget-Verfahren durch die FRL Bürgerbeteiligung zur Verfügung gestellt werden, kann das Bürgerbudget selbst nicht über die Richtlinie gefördert werden

Entweder die Gemeinde stellt selbst einen bestimmten Betrag hierfür zur Verfügung oder sie beantragt dieses Budget im Rahmen der Sächsische Kommunalpauschalenverordnung (SächsKomPauschVO). Über diese Verordnung werden pauschal Mittel des Sächsischen Sozialministeriums über die Landkreise an die Kommunen ausgereicht.

Beispiele

Folgende Bürgerbudget-Verfahren wurden in Sachsen und Deutschland bereits durchgeführt:

Eberswalde

Wuppertal

Görlitz (stadtteilbezogen)

Nossen

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